Holographie
Die Wellennatur des Lichts
Für das Verständnis der Holographie und insbesondere der schon erwähnten merkwürdigen
Eigenschaften von Hologrammen ist es notwendig, sich genauer mit der Natur des
Lichts zu beschäftigen.
Seit Beginn des 17. Jahrhunderts diskutierten die Wissenschaftler darüber, auf
welche Weise Licht von der Lichtquelle zu einer anderen Stelle, zum Beispiel in
das Auge eines Betrachters gelangt. Eine zu dieser Zeit vertretene Annahme
war, dass Licht aus einem Strom winziger Teilchen besteht, die von der
Lichtquelle ausgehend beim Erreichen des Auges einen Lichteindruck hervorrufen
sollten.
Die konkurrierende These bestand darin, dass Licht sich von der Lichtquelle aus wie
eine Wellenbewegung ausbreitet. Vorbild für diese Vorstellung war eine Wasseroberfläche, auf der sich eine Störung
wie das Auf- und Abschaukeln eines Kahns oder die Vorwärtsbewegung
eines Schiffs in Form von Wasserwellen über die ganze Wasseroberfläche
ausbreitet. Natürlich erwartete niemand, die Lichtteilchen oder die
Lichtwellen direkt zu sehen. Um eine Entscheidung zwischen beiden Vorstellungen
fällen zu können, musste man also Beobachtungen suchen, die im Einklang mit der einen,
aber im Widerspruch zur anderen Vorstellung standen.
Eines der entscheidenden Experimente zum Nachweis der Wellennatur des Lichts wurde von
dem französischen Physiker Augustin Fresnel (17881827) durchgeführt. Er
beobachtete, dass unter bestimmten Bedingungen beim Aufeinandertreffen zweier
Lichtkegel auf einer hellen Fläche ein Muster von hellen und dunklen Streifen
entstand: Die beiden Lichtkegel verstärkten sich nicht nur, sondern sie löschten
sich an bestimmten Stellen gegenseitig aus. Dieses merkwürdige Ergebnis lässt
sich mit Hilfe der Vorerstellung von Lichtwellen erklären. Jedoch müssen wir
zu dieser Erklärung etwas ausholen.
Trifft Wellenberg auf Wellenberg und Wellental auf Wellental, so ergibt sich eine
besonders hohe Welle. Auf Lichtwellen bezogen bedeutet das: Licht + Licht =
starkes Licht (das ist kein besonders überraschendes Ergebnis). Trifft aber der
Berg der ersten Welle auf das Tal der zweiten Welle und umgekehrt, so ebnen sich
beide Wellen ein: Licht + Licht = Dunkelheit (das ist auf den ersten Blick sicher
überraschend). Zwischen diesen beiden Extremfällen gibt es natürlich alle möglichen
Zwischenstufen. Diese Erscheinungen beim Zusammentreffen von Wellen nennt man
"Interferenz".
Die Darstellung in Abb. 1 reicht für die Erklärung der Beobachtung von Fresnel
noch nicht ganz aus. Eine Wellenlinie zeigt nur die Ausbreitung einer Welle in
einer Richtung, während Licht sich im allgemeinen im Raum, d. h. in drei
Dimensionen ausbreitet. Das kann man in einer Zeichnung kaum wiedergeben.
Wir beschränken uns daher in den folgenden Zeichnungen auf die Beschreibung von
Wellen, die sich auf einer Fläche ausbreiten. Im folgenden soll eine
Darstellung gewählt werden, die man sehen würde, wenn man etwa Brandungswellen
von oben anschaut (Abb. 2, oben). Durchgezogene Linien bedeuten dabei
Wellenberge, gestrichelte Linien bedeuten Wellentäler. Die Welle breitet sich
senkrecht zu diesen Linien in Richtung des eingezeichneten Pfeils aus.
Betrachten wir diese Welle als Lichtwelle, so stellt Abb. 2, unten, das
senkrechte Auftreffen eines Lichtbündels auf eine Fläche (Schirm) dar.
Im Versuch von Fresnel war nun noch ein zweites Lichtbündel beteiligt, das aus
einer etwas anderen Richtung auf den Schirm fiel als das erste. Diese Situation
stellt Abb. 3 dar. Hier wird ein Zeitpunkt gezeigt, an dem gerade ein Wellenberg
des senkrecht auftreffenden Lichtbündels den Schirm erreicht hat. An den Stellen, an denen die Wellenberge
(durchgezogene Linien) des schräg auffallenden Bündels auf den Schirm
treffen, kommen nun die Wellenberge beider Bündel zusammen. Dort verstärken
sich die Wellen, was durch die kleinen, weißen Kreise beschrieben werden soll,
die große Helligkeit anzeigen. Dazwischen treffen jeweils die Wellentäler
(gestrichelte Linien) des schräg einfallenden Bündels auf den Schirm und damit
auf den Wellenberg des senkrechten Bündels. Berg und Tal ebnen sich an diesen
Stellen ein. Das ist jeweils durch die ausgefüllten Kreise gekennzeichnet, die
Dunkelheit anzeigen sollen.
Die Aufeinanderfolge von hellen und dunklen Stellen, wie sie durch die unausgefüllten
und ausgefüllten Kreise in Abb. 3 angedeutet wird, wurde von Fresnel tatsächlich
beobachtet. Man muss jedoch beachten, dass in Abb. 3 nur eine Schnittzeichnung
der Situation wiedergegeben ist. Das Interferenzmuster, das Fresnel sah,
entspricht dem in Abb. 3 gezeigten Bild.
An dieser Stelle tritt die Frage auf, warum sich die hier geschilderten, hellen und
dunklen Bereiche nicht mit der Welle weiterbewegen. Schließlich stellt die Abb.
3 nur eine Momentaufnahme dar. Stellen wir uns die Situation einmal zu einem
etwas späteren Zeitpunkt vor, so dass anstelle der Wellenberge jetzt Wellentäler
getreten sind und umgekehrt. Da das für beide Wellen gilt, sind die Stellen, an
denen Berg auf Tal trifft, gleichgeblieben. An den Stellen, an denen vorher Berg
auf Berg traf, trifft jetzt Tal auf Tal. Könnte man die Bewegung der
Lichtwellen beobachten, so würde man Stellen sehen, die immer in Ruhe sind, und
andere, an denen die Bewegung besonders stark ist. Das ganze ähnelt der
Bewegung eines Seils, das man an einem Ende fest anbindet und am anderen im
richtigen Takt auf- und abbewegt. Auch hier findet man Seilstellen, die
immer in Ruhe sind (Knoten), und Stellen, die sich besonders stark bewegen (Bäuche).
Ein Hologramm entsteht
Aufnahme eines Transmissionshologramms: Der Laserstrahl wird aufgeweitet
und vom Strahlteiler in Referenz- und Objektstrahl aufgeteilt. Der Referenzstrahl und das vom
Objekt reflektierte Licht treffen zusammen auf die Fotoplatte. Für jede Hologrammaufnahme
ist das Zusammentreffen mehrerer Lichtstrahlen auf dem Fotomaterial typisch.
Wir haben in den vorausgegangenen Kapiteln die Grundlagen der Vorgänge
kennengelernt, die bei der Aufnahme von Hologrammen die entscheidende Rolle
spielen. Jetzt wollen wir das Entstehen eines Hologramms im Detail betrachten.
Wie eine solche Aufnahme durchgeführt wird, zeigt die Skizze in Abb. 4.
Um ein größeres Objekt ausleuchten zu können, wird der Laserstrahl zunächst
durch eine Linse zu einem Lichtbündel aufgeweitet. Dieses Bündel wird durch
einen "Strahlteiler" in zwei Teile aufgespaltet. (Als Strahlteiler
kann im Prinzip eine Glasscheibe verwendet werden, da Glas einen Teil des
auffallenden Lichts durchlässt, den anderen Teil aber reflektiert.) Das
reflektierte Bündel fällt dann direkt auf eine Fotoplatte oder ein Filmstück.
Das durchgelassene Bündel beleuchtet den abzubildenden Gegenstand und wird von
diesem (wenigstens teilweise) zur Fotoplatte reflektiert, wo es mit dem anderen
Bündel zusammentrifft. Durch das Zusammentreffen dieser Lichtbündel entsteht
auf der Fotoplatte das Hologramm des eingezeichneten Gegenstands.
Das vom Strahlteiler direkt zur Fotoplatte reflektierte Teilbündel wird
"Referenzwelle" oder "Referenzstrahl" genannt. Das andere Bündel,
das die Fotoplatte auf dem Umweg über das Objekt erreicht, wird
als "Objektwelle" oder "Objektstrahl" bezeichnet.
Vielleicht ist es Ihnen nicht sofort aufgefallen: Wenn wir das Objekt durch einen Spiegel
ersetzen würden, oder anders ausgedrückt, wenn wir als Objekt einen Spiegel
verwenden würden, hätten wir im wesentlichen den bereits beschriebenen
Versuchsaufbau von Fresnel vor uns. Natürlich hatte Fresnel als Lichtquelle
keinen Laser zur Verfügung, und anstelle einer Fotoplatte (die zu seinen
Lebzeiten auch noch nicht erfunden war) verwendete er einen Beobachtungsschirm
aus irgendeinem hellen Material. Aber etwas überspitzt könnte man sagen, dass Fresnel bei seinem Experiment die
Entstehung des Hologramms eines Spiegels bzw. der darin reflektierten
Lichtquelle beobachtete. Da er das Hologramm nicht auf Film festhalten konnte,
war er später auch nicht in der Lage, das Bild der gespiegelten Lichtquelle zu
rekonstruieren. Auch an eine Ersetzung des Spiegels durch einen anderen
Gegenstand konnte er nicht denken. Trotzdem bleibt festzuhalten dass das Verständnis
des Fresnelschen Versuchs auf direktem Weg zum Verständnis der Entstehung des
Hologramms eines beliebigen Objekts führt.
Abbildung
5
Momentaufnahme des Zusammentreffens der Referenz- und der Objektwelle
auf dem Film. Ein Berg der Referenzwelle hat gerade die Filmebene erreicht. Wo
in der Filmebene Wellenberg auf Wellenberg trifft, wird der Film stark belichtet
(dunkle Punkte). Wo Wellental auf Wellenberg trifft, bleibt der Film unbelichtet
(helle Punkte). Da die Wellenlinien der Objektwellen steil auf die Filmebene
treffen, liegen die hellen und dunklen Punkte nahe beieinander.
Die von dem Gegenstand in Abb. 5 zur Fotoplatte reflektierte Objektwelle hat natürlich
keine derart regelmäßige Struktur wie eine von einem Spiegel reflektierte
Welle. Die Wellenfronten werden von der Oberfläche des Gegenstands mehr oder
weniger "verbogen". Das bedeutet, dass sich der Auftreffwinkel der
Objektwelle auf der Fotoplatte von Punkt zu Punkt ändert. Es gibt Stellen, an
denen die Fronten der Objektwelle steil auftreffen, an anderen Stellen treffen
sie flach auf. Zwei unterschiedliche Situationen sind in den Abb. 5 und 6
dargestellt und sollen jetzt erläutert werden.
Abbildung 6
Hier ist eine ähnliche Situation wie in Abb. 5 dargestellt. Aber hier treffen die Wellenlinien der Objektwelle flach auf die Filmebene. Das führt dazu, dass die stark belichteten und unbelichteten Stellen auf dem Film einen großen Abstand voneinander haben.
Zur Vereinfachung der folgenden Betrachtungen wurde außerdem angenommen, dass
die Berge und Täler der Referenzwelle parallel zur Fotoplatte verlaufen, oder,
was dasselbe bedeutet, dass die Referenzwelle senkrecht auf die Fotoplatte
auftrifft. Außerdem wählen wir einen Zeitpunkt aus, an dem gerade ein Berg der
Referenzwelle die Fotoplatte (bzw. den Film) erreicht hat.
Jetzt müssen wir einfach die Überlegungen wiederholen, die wir bereits beim
Fresnelschen Interferenzversuch angestellt haben: Es gibt Stellen auf der Fotoplatte,
an denen Wellenberge von Referenz- und Objektwelle zusammentreffen. Das Fotomaterial wird hier
besonders stark belichtet (dunkle Kreise). An anderen Stellen treffen die gestrichelt gezeichneten
Täler der Objektwelle auf den gerade an der Platte angekommenen Berg der Referenzwelle. Berg und Tal
ebnen sich ein, und die Fotoplatte wird dort nicht belichtet (helle Kreise). Auf den ersten Blick
erscheint in beiden Situationen dasselbe zu passieren.
Bei genauerem Hinsehen wird jedoch deutlich, dass die Abstände zwischen den belichteten und den
unbelichteten Stellen klein sind, wenn die Objektwellenfronten steil auf die Platte auffallen (Abb.
5). Ein flaches
Auftreffen erzeugt dagegen große Abstände (Abb. 6). Das bedeutet, dass auf der
Fotoplatte die Form der Objektwelle durch den Abstand der belichteten und
unbelichteten Stellen "gespeichert" ist. Nach der Entwicklung werden die belichteten Stellen
undurchsichtig und die unbelichteten Stellen durchsichtig. (Wir werden am Ende des nächsten
Kapitels sehen, dass auch eine Positiventwicklung des Hologramms möglich ist.)
Man sollte sich merken, dass für die Speicherung der Objektwellenform das
Zusammentreffen von zwei Wellen notwendig ist, denn nur so können die Auslöschungen
und Verstärkungen und damit die durchsichtigen und undurchsichtigen Stellen im
Film entstehen.
Was bei der Hologrammwiedergabe geschieht
Die Erkenntnis, dass ein Hologramm nach der Entwicklung aus mehr oder weniger dicht
nebeneinanderliegenden durchsichtigen und undurchsichtigen Linien besteht, ist
erst der halbe Weg zum Verständnis der Dreidimensionalität eines
holographischen Bildes. Die zweite Hälfte des Wegs besteht darin, zu verstehen,
was mit dem Licht passiert, das bei der Beleuchtung eines fertigen Hologramms
von einem im Raum schwebenden, aber nicht greifbaren Gegenstand auszugehen scheint. Anstatt gleich zu überlegen,
welche Wirkung ein Muster von feinen Linien auf eine Lichtwelle hat, soll zunächst
eine Welle betrachtet werden, die auf eine einzelne feine Öffnung trifft.
"Fein" heißt in diesem Zusammenhang, dass die Öffnung nicht viel größer
als die Wellenlänge sein darf; bei Lichtwellen ist das 6/10.000 mm (600 nm).
Auch hier hilft die Vorstellung von Wasserwellen weiter. Treffen Wellen immer im
gleichen Takt auf eine Mauer mit einer engen Öffnung, so wird das Wasser in
dieser Öffnung im Takt der Wellen auf und ab bewegt. Von einer solchen Stelle
gehen erfahrungsgemäß Kreiswellen aus (Abb. 7).
Abbildung 7
Wellen treffen im gleichmäßigen Takt auf eine feine Öffnung. Dahinter breiten sich die Wellen
kreisförmig aus. Stellt man sich Wasserwellen vor, die auf eine Mauer treffen,
so führt dies zu einer gleichmäßigen Auf- und Abbewegung des Wassers in
der Öffnung. Bewegt man an einer Stelle das Wasser aber z. B. mit einem Stock
auf und ab, so gehen von dieser Stelle ebenfalls Kreiswellen aus.
Wenn Kreiswellen von mehreren nebeneinanderliegenden Öffnungen ausgehen, entsteht
kein "Wellensalat", sondern die Wellenfronten nebeneinanderliegender
Kreiswellensysteme schließen sich zusammen. Dasselbe kann man beobachten,
wenn man Wasser an einer eng begrenzten Stelle auf andere Weise zur Auf- und Abbewegung zwingt, z. B.
indem man einen Finger in gleichmäßigem Takt in eine ruhige Wasserfläche taucht.
Trifft also Licht auf eine sehr feine Öffnung, so wird nicht etwa ein feiner Lichtstrahl ausgeblendet;
das Licht verteilt sich vielmehr hinter der Öffnung in alle Richtungen. Das entspricht nicht der täglichen
Erfahrung, da man selten Öffnungen von weniger als 1/1000 mm beobachtet.
Werden
mehrere nebeneinanderliegende Öffnungen gleichzeitig mit Licht
bestrahlt, so entstehen mehrere Systeme von Kreiswellen. In Abb. 8 ist ein derartiger
Fall gezeigt. In dem Gewirr schließen sich Wellenberge und -täler
nebeneinander verlaufender Kreisweilen zusammen. Das kann auf mehrere Arten
geschehen. Der Zusammenschluss von Wellen mit gleichem Radius ergibt
Wellenfronten, die parallel zu den ankommenden Fronten verlaufen. Die
Einbuchtungen, die in der Nähe der Öffnungen in den Fronten zu sehen sind,
verlieren sich in größerer Entfernung zusehends. Da diese Wellen einfach in dieselbe Richtung verlaufen
wie die ankommende Beleuchtungswelle, sind sie für die Holographie nicht weiter interessant. Es ergeben
sich aber noch andere Möglichkeiten: Verbindet man Fronten benachbarter
Kreiswellen, die von Öffnung zu Öffnung jeweils um einen Takt früher (oder später)
entstanden sind, so erhält man schräg verlaufende Wellenberge und -täler,
wie es in den Abbildungen 9 und 10 gezeigt ist. Dabei ist zu sehen, dass die
neuen Wellenfronten einen um so flacheren Winkel gegenüber den ursprünglichen
Fronten einschließen, je weiter die Öffnungen, an denen die Kreiswellen
entstehen, voneinander entfernt sind.
Abbildung
9
Der Zusammenschluss der Wellenberge und -täler geschieht gleichzeitig auf mehrere Arten. Unter anderem entstehen schräg nach außen verlaufende Fronten. Man kann sich vorstellen, dass die Einbuchtungen um so mehr verschwinden, je weiter die Wellenfronten von den Öffnungen entfernt sind. Enge Öffnungen verursachen Wellenlinien, die steil zur Ebene der Öffnungen ("Filmebene") verlaufen.
Nun kommt der entscheidende Punkt: Wie wir uns im vorigen Kapitel überlegt haben, entstehen bei der Hologrammaufnahme durch flach auftreffende Teile der Gegenstandswellenfront weit voneinander entfernte "Öffnungen" lichtdurchlässige Stellen) im Film; diese erzeugen bei der Hologrammwiedergabe wieder flache Wellenfrontteile (Abb. 10). Steil verlaufende Teile der Gegenstandswelle ergeben dagegen eng liegende"Öffnungen", die bei der Wiedergabe wieder steil verlaufende Wellenfrontteile erzeugen (Abb. 9). Aus all diesen Teilen zusammen entsteht also ein Duplikat der ursprünglichen Gegenstandswelle. Da aber alle visuellen Informationen über einen Gegenstand durch die Gegenstandswelle übertragen werden, zeigt natürlich auch ein genaues Duplikat der Gegenstandswelle den Gegenstand, wie er wirklich ist.
Abbildung10
Eine ähnliche Situation wie in Abb.9
Da die Öffnungen hier aber weit voneinander entfernt sind, ergeben sich aus dem
Zusammenschluss der Kreiswellen schräg verlaufende Wellenfronten, die einen
flachen Winkel zur Filmebene bilden.
Ein holographisches Bild stellt daher auch keine Sinnestäuschung dar. Das Auge erhält vom Hologramm dieselbe Information
wie vom Gegenstand selbst. Um zwischen einem Gegenstand und seinem holographischen Bild wirklich unterscheiden zu können, benötigt man
einen vom Auge unabhängigen Sinn, z. B. den Tastsinn.
Hologramme werden oft mit Fenstern verglichen. Der Unterschied liegt darin, dass Lichtwellen durch Fenster direkt
hindurchgehen. In Hologrammen wird die Welle zunächst "gespeichert" und bei richtiger
Beleuchtung wieder "freigesetzt". Verhängt man ein Fenster bis auf
eine kleine Öffnung, so sieht man die Szene hinter dem Fenster nur noch unter
einem beschränkten Blickwinkel. Genauso liefert das Bruchstück eines
Hologramms
nur noch den Blickwinkel der holographischen Szene, der im entsprechenden
Wellenfrontabschnitt enthalten ist.
Durch die Vorstellung einer in einem Fenster gespeicherten Lichtwelle kann man sich
auch klarmachen, wie in einem Hologramm Teile des Hintergrunds durch den
Vordergrund verdeckt bzw. wieder freigegeben werden.
Die näher am Hologramm befindlichen Objektteile schatten bei der Aufnahme die von den Hintergrundsteilen ausgehenden
Gegenstandswellen teilweise ab, so dass gewisse Bereiche des Hologramms von
diesen Wellen nicht erreicht werden. In anderen Bereichen, für die der
Hintergrund nicht bedeckt ist, wird die Hintergrundswelle jedoch gespeichert,
und beim fertigen Hologramm kann dann nur von diesen Bereichen die Kopie der
Hintergrundswellen ausgehen. Je nachdem, durch welchen Teil des Hologramms ein
Betrachter auf den betreffenden Teil des Hintergrunds schaut, scheint dieser
daher für ihn sichtbar oder verdeckt zu sein.
Genaugenommen ist die Situation allerdings komplizierter als bisher dargestellt. Neben der richtigen Kopie der Gegenstandswelle entsteht beim Beleuchten des Hologramms noch eine fehlerhafte Kopie. Diese Kopie verhält sich zur ursprünglichen Gegenstandswelle wie ein Wachsabdruck zum Original, d. h., aus Beulen sind Einbuchtungen geworden und umgekehrt. Den Grund für die falsche Kopie kann man folgendermaßen verstehen:
Wir haben in den Abbildungen 9 und 10 nur den Zusammenschluss von solchen Kreiswellen betrachtet, deren Radien von Öffnung zu Öffnung (nach rechts hin gerechnet) größer werden. Der Zusammenschluss all dieser Wellen ergab dann die ursprüngliche Objektwelle.
Abbildung11
Gleichzeitig mit der Rekonstruktion eines ursprünglichen Wellenfrontabschnitts
entsteht auch ein Wellenfrontabschnitt mit entgegengesetzter Neigung, der in
eine andere Richtung als der ursprüngliche Wellenfrontabschnitt verläuft.
Abbildung
12
Der Zusammenschluss aller "falschen" Wellenfrontabschnitte ergibt
eine Wellenfront, die gegenüber der ursprünglichen Wellenfront umgestülpt ist. Die umgestülpte
Wellenfront führt zu sogenannten pseudoskopischen Bildern.
Genauso entstehen aber auch Wellenfronten durch den Zusammenschluss von Kreiswellen, die
von Öffnung zu Öffnung kleiner werden (Abb. 11). Diese Wellenfronten haben die entgegengesetzte
Neigung und verlaufen in eine andere Richtung als die bisher betrachteten. Natürlich
kann dann eine der beiden Richtungen nicht mit der der ursprünglichen
Gegenstandswelle übereinstimmen.
Der Zusammenschluss aller "falsch" verlaufenden Wellenfrontteile ergibt
dann eine "umgestülpte" Welle (Abb. 12). Die daraus entstehenden
Bilder nennt man "pseudoskopisch". Sie werden später im Kapitel
"Das Bild entsteht vor der Filmebene" noch eine wichtige Rolle spielen. Wird
ein Hologramm mit Laserlicht beleuchtet, so sieht man ein klares Bild mit allen Eigenschaften, wie
sie bis jetzt beschrieben wurden. Ersetzt man den Laser aber durch eine normale
Lichtquelle, so erscheint anstelle des klaren Bildes eine verwaschene
Erscheinung in allen Regenbogenfarben, die häufig keinerlei Ähnlichkeit mit dem aufgenommenen Gegenstand hat.
Schuld daran sind die verschiedenen Farben, die im weißen Licht enthalten sind, und
die räumliche Ausdehnung der Lichtquelle. Da jede Farbe einer anderen Wellenlänge entspricht und sich für
verschiedene Wellenlängen holographische Bilder unterschiedlicher Größe an etwas
unterschiedlichen Stellen des Raumes bilden, ergeben alle diese Bilder zusammen
das unkenntliche farbige Etwas, von dem hier die Rede ist.
Die Überlegungen in diesem Kapitel gingen davon aus, dass die bei der
Hologrammentstehung stark belichteten Stellen nach der Entwicklung lichtundurchlässig
werden. Das entspricht einer Negativentwicklung. Man kann sich jetzt die Frage
stellen, welche Auswirkung eine Positiventwicklung auf das holographische Bild hätte.
Hierbei würden alle belichteten Stellen der Fotoplatte durchsichtig und alle
unbelichteten Stellen undurchsichtig.
Unerwarteterweise hat die Art der Entwicklung auf das holographische Bild überhaupt keinen Einfluss. Die Form der Objektwelle ist ja in den Abständen zwischen den durchlässigen und undurchlässigen Stellen gespeichert, und diese Abstände ändern sich bei einer Positiventwicklung nicht. Deswegen würde sich auch an den von den Abbildungen 11 und 12 ausgehenden Überlegungen und den daraus folgenden Resultaten nichts ändern.
Die in diesen einführenden Kapiteln beschriebene Hologrammart muss mit Laserlicht durchstrahlt werden, um eine optimale Wiedergabe des abgebildeten Gegenstands zu erreichen. Da in der Optik der Durchgang von Licht durch eine Substanz als "Transmission" bezeichnet wird, nennt man diese Hologramme auch "Lasertransmissionshologramme". Die meisten der in der Anfangszeit der Holographie hergestellten Hologramme waren von diesem Typ, und auch heute noch spielen Lasertransmissionshologramme in Forschung und Technik eine dominierende Rolle.