Holographie

Die Entdeckung von Dennis Gabor

Das Geburtsjahr der Holographie ist 1948. In diesem Jahr veröffentlichte der aus Ungarn stammende englische Physiker Dennis Gabor eine Arbeit über ein Verfahren, das die Funktionsfähigkeit von Elektronenmikroskopen verbessern sollte. Um die Durchführbarkeit seiner Idee zu demonstrieren, dachte er sich einen optischen Analogversuch aus, bei dem das erste Hologramm entstand. Es war ein winziges, nur wenige Quadratmillimeter großes Filmstück, das die holographische Aufnahme einiger Buchstaben.
Die besondere Schwierigkeit für Gabor bestand darin, dass er weder über das Aufnahmematerial noch über eine Lichtquelle verfügte, wie sie heute bei fast allen Hologrammaufnahmen verwendet werden, Die Erfindung des Lasers lag zu diesem Zeitpunkt noch mehr als zehn Jahre in der Zukunft. Trotzdem erkannte Gabor die Möglichkeiten, die in der von ihm vorgeschlagenen Aufnahmetechnik lagen. Der Name "Hologramm", den er vorschlug, belegt das. Das Wort leitet sich wie viele wissenschaftliche Begriffe aus dem Griechischen her und heißt soviel wie "ganzheitliche Aufzeichnung", Schon der Name sollte deutlich machen" dass ein Hologramm mehr Informationen über den aufgenommenen Gegenstand enthält als eine herkömmliche Fotografie.
In gewisser Weise war die Holographie ein Fehlschlag; die angestrebte Verbesserung des Elektronenmikroskops gelang nicht. Da wegen des Fehlens geeigneter Lichtquellen auch keine andere Anwendung in Sicht war, blieb die Holographie über ein Jahrzehnt lang das unbeachtete Forschungsgebiete weniger Spezialisten. Das änderte sich schlagartig mit der Erfindung des Lasers im Jahr 1960. Schon bald danach demonstrierten die amerikanischen Wissenschaftler E. Leith und J. Upatnieks die erstaunlichen Möglichkeiten der Holographie mit der Herstellung des ersten Hologramms, das ein dreidimensionales Bild lieferte. Das dabei entstandene Hologramm musste bei der Betrachtung mit Laserlicht beleuchtet werden (Lasertransmissionshologramm). Gleichzeitig legte unabhängig davon der russische Physiker Y N. Denisyuk die Grundlagen für die Herstellung von Hologrammen, die zu ihrer Betrachtung nur normales (weißes) Licht benötigten (Weißlichtreflexionshologramme). Das darauffolgende Jahrzehnt war durch intensive Forschungsarbeit gekennzeichnet. Dabei wurde die Basis für die vielfältigen Anwendungen gelegt, die die Holographie heute besitzt. Im Jahr 1971 wurde Dennis Gabor für seine Entdeckung mit dem Nobelpreis für Physik ausgezeichnet. 

Die Wellennatur des Lichts

Abb. 1 Interferenz zweier Wellen Für das Verständnis der Holographie und insbesondere der schon erwähnten merkwürdigen Eigenschaften von Hologrammen ist es notwendig, sich genauer mit der Natur des Lichts zu beschäftigen.
Seit Beginn des 17. Jahrhunderts diskutierten die Wissenschaftler darüber, auf welche Weise Licht von der Lichtquelle zu einer anderen Stelle, zum Beispiel in das Auge eines Betrachters gelangt. Eine zu dieser Zeit vertretene Annahme war, dass Licht aus einem Strom winziger Teilchen besteht, die von der Lichtquelle ausgehend beim Erreichen des Auges einen Lichteindruck hervorrufen sollten.
Die konkurrierende These bestand darin, dass Licht sich von der Lichtquelle aus wie eine Wellenbewegung ausbreitet. Vorbild für diese Vorstellung war eine Wasseroberfläche, auf der sich eine Störung wie das Auf- und Abschaukeln eines Kahns oder die Vorwärtsbewegung eines Schiffs in Form von Wasserwellen über die ganze Wasseroberfläche ausbreitet. Natürlich erwartete niemand, die Lichtteilchen oder die Lichtwellen direkt zu sehen. Um eine Entscheidung zwischen beiden Vorstellungen fällen zu können, musste man also Beobachtungen suchen, die im Einklang mit der einen, aber im Widerspruch zur anderen Vorstellung standen. Eines der entscheidenden Experimente zum Nachweis der Wellennatur des Lichts wurde von dem französischen Physiker Augustin Fresnel (17881827) durchgeführt. Er beobachtete, dass unter bestimmten Bedingungen beim Aufeinandertreffen zweier Lichtkegel auf einer hellen Fläche ein Muster von hellen und dunklen Streifen entstand: Die beiden Lichtkegel verstärkten sich nicht nur, sondern sie löschten sich an bestimmten Stellen gegenseitig aus. Dieses merkwürdige Ergebnis lässt sich mit Hilfe der Vorerstellung von Lichtwellen erklären. Jedoch müssen wir zu dieser Erklärung etwas ausholen.

Abb. 2  Wellen von oben dargestellt! (Wellenberg - Volllinie) Trifft Wellenberg auf Wellenberg und Wellental auf Wellental, so ergibt sich eine besonders hohe Welle. Auf Lichtwellen bezogen bedeutet das: Licht + Licht = starkes Licht (das ist kein besonders überraschendes Ergebnis). Trifft aber der Berg der ersten Welle auf das Tal der zweiten Welle und umgekehrt, so ebnen sich beide Wellen ein: Licht + Licht = Dunkelheit (das ist auf den ersten Blick sicher überraschend). Zwischen diesen beiden Extremfällen gibt es natürlich alle möglichen Zwischenstufen. Diese Erscheinungen beim Zusammentreffen von Wellen nennt man "Interferenz".
Die Darstellung in Abb. 1 reicht für die Erklärung der Beobachtung von Fresnel noch nicht ganz aus. Eine Wellenlinie zeigt nur die Ausbreitung einer Welle in einer Richtung, während Licht sich im allgemeinen im Raum, d. h. in drei Dimensionen ausbreitet. Das kann man in einer Zeichnung kaum wiedergeben.
Wir beschränken uns daher in den folgenden Zeichnungen auf die Beschreibung von Wellen, die sich auf einer Fläche ausbreiten. Im folgenden soll eine Darstellung gewählt werden, die man sehen würde, wenn man etwa Brandungswellen von oben anschaut (Abb. 2, oben). Durchgezogene Linien bedeuten dabei Wellenberge, gestrichelte Linien bedeuten Wellentäler. Die Welle breitet sich senkrecht zu diesen Linien in Richtung des eingezeichneten Pfeils aus. Betrachten wir diese Welle als Lichtwelle, so stellt Abb. 2, unten, das senkrechte Auftreffen eines Lichtbündels auf eine Fläche (Schirm) dar.

Abb. 3 Interferenz zweier Wellen auf einem Schirm Im Versuch von Fresnel war nun noch ein zweites Lichtbündel beteiligt, das aus einer etwas anderen Richtung auf den Schirm fiel als das erste. Diese Situation stellt Abb. 3 dar. Hier wird ein Zeitpunkt gezeigt, an dem gerade ein Wellenberg des senkrecht auftreffenden Lichtbündels den Schirm erreicht hat. An den Stellen, an denen die Wellenberge (durchgezogene Linien) des schräg auffallenden Bündels auf den Schirm treffen, kommen nun die Wellenberge beider Bündel zusammen. Dort verstärken sich die Wellen, was durch die kleinen, weißen Kreise beschrieben werden soll, die große Helligkeit anzeigen. Dazwischen treffen jeweils die Wellentäler (gestrichelte Linien) des schräg einfallenden Bündels auf den Schirm und damit auf den Wellenberg des senkrechten Bündels. Berg und Tal ebnen sich an diesen Stellen ein. Das ist jeweils durch die ausgefüllten Kreise gekennzeichnet, die Dunkelheit anzeigen sollen.
Die Aufeinanderfolge von hellen und dunklen Stellen, wie sie durch die unausgefüllten und ausgefüllten Kreise in Abb. 3 angedeutet wird, wurde von Fresnel tatsächlich beobachtet. Man muss jedoch beachten, dass in Abb. 3 nur eine Schnittzeichnung der Situation wiedergegeben ist. Das Interferenzmuster, das Fresnel sah, entspricht dem in Abb. 3 gezeigten Bild.
An dieser Stelle tritt die Frage auf, warum sich die hier geschilderten, hellen und dunklen Bereiche nicht mit der Welle weiterbewegen. Schließlich stellt die Abb. 3 nur eine Momentaufnahme dar. Stellen wir uns die Situation einmal zu einem etwas späteren Zeitpunkt vor, so dass anstelle der Wellenberge jetzt Wellentäler getreten sind und umgekehrt. Da das für beide Wellen gilt, sind die Stellen, an denen Berg auf Tal trifft, gleichgeblieben. An den Stellen, an denen vorher Berg auf Berg traf, trifft jetzt Tal auf Tal. Könnte man die Bewegung der Lichtwellen beobachten, so würde man Stellen sehen, die immer in Ruhe sind, und andere, an denen die Bewegung besonders stark ist. Das ganze ähnelt der Bewegung eines Seils, das man an einem Ende fest anbindet und am anderen im richtigen Takt auf- und abbewegt. Auch hier findet man Seilstellen, die immer in Ruhe sind (Knoten), und Stellen, die sich besonders stark bewegen (Bäuche).

Ein Hologramm entsteht

Abb. 4 Aufnahme eines TransmissionshologrammesAbbildung 4 

Aufnahme eines Transmissionshologramms: Der Laserstrahl wird aufgeweitet und vom Strahlteiler in Referenz- und Objektstrahl aufgeteilt. Der Referenzstrahl und das vom Objekt reflektierte Licht treffen zusammen auf die Fotoplatte. Für jede Hologrammaufnahme ist das Zusammentreffen mehrerer Lichtstrahlen auf dem Fotomaterial typisch.
Wir haben in den vorausgegangenen Kapiteln die Grundlagen der Vorgänge kennengelernt, die bei der Aufnahme von Hologrammen die entscheidende Rolle spielen. Jetzt wollen wir das Entstehen eines Hologramms im Detail betrachten.
Wie eine solche Aufnahme durchgeführt wird, zeigt die Skizze in Abb. 4.
Um ein größeres Objekt ausleuchten zu können, wird der Laserstrahl zunächst durch eine Linse zu einem Lichtbündel aufgeweitet. Dieses Bündel wird durch einen "Strahlteiler" in zwei Teile aufgespaltet. (Als Strahlteiler kann im Prinzip eine Glasscheibe verwendet werden, da Glas einen Teil des auffallenden Lichts durchlässt, den anderen Teil aber reflektiert.) Das reflektierte Bündel fällt dann direkt auf eine Fotoplatte oder ein Filmstück. Das durchgelassene Bündel beleuchtet den abzubildenden Gegenstand und wird von diesem (wenigstens teilweise) zur Fotoplatte reflektiert, wo es mit dem anderen Bündel zusammentrifft. Durch das Zusammentreffen dieser Lichtbündel entsteht auf der Fotoplatte das Hologramm des eingezeichneten Gegenstands.
Das vom Strahlteiler direkt zur Fotoplatte reflektierte Teilbündel wird "Referenzwelle" oder "Referenzstrahl" genannt. Das andere Bündel, das die Fotoplatte auf dem Umweg über das Objekt erreicht, wird als "Objektwelle" oder "Objektstrahl" bezeichnet.
Vielleicht ist es Ihnen nicht sofort aufgefallen: Wenn wir das Objekt durch einen Spiegel ersetzen würden, oder anders ausgedrückt, wenn wir als Objekt einen Spiegel verwenden würden, hätten wir im wesentlichen den bereits beschriebenen Versuchsaufbau von Fresnel vor uns. Natürlich hatte Fresnel als Lichtquelle keinen Laser zur Verfügung, und anstelle einer Fotoplatte (die zu seinen Lebzeiten auch noch nicht erfunden war) verwendete er einen Beobachtungsschirm aus irgendeinem hellen Material. Aber etwas überspitzt könnte man sagen, dass Fresnel bei seinem Experiment die Entstehung des Hologramms eines Spiegels bzw. der darin reflektierten Lichtquelle beobachtete. Da er das Hologramm nicht auf Film festhalten konnte, war er später auch nicht in der Lage, das Bild der gespiegelten Lichtquelle zu rekonstruieren. Auch an eine Ersetzung des Spiegels durch einen anderen Gegenstand konnte er nicht denken. Trotzdem bleibt festzuhalten dass das Verständnis des Fresnelschen Versuchs auf direktem Weg zum Verständnis der Entstehung des Hologramms eines beliebigen Objekts führt.

Abb. 5 Momentaufnahme des Zusammentreffens der Referenz- und ObjektwelleAbbildung 5 

Momentaufnahme des Zusammentreffens der Referenz- und der Objektwelle auf dem Film. Ein Berg der Referenzwelle hat gerade die Filmebene erreicht. Wo in der Filmebene Wellenberg auf Wellenberg trifft, wird der Film stark belichtet (dunkle Punkte). Wo Wellental auf Wellenberg trifft, bleibt der Film unbelichtet (helle Punkte). Da die Wellenlinien der Objektwellen steil auf die Filmebene treffen, liegen die hellen und dunklen Punkte nahe beieinander.

Die von dem Gegenstand in Abb. 5 zur Fotoplatte reflektierte Objektwelle hat natürlich keine derart regelmäßige Struktur wie eine von einem Spiegel reflektierte Welle. Die Wellenfronten werden von der Oberfläche des Gegenstands mehr oder weniger "verbogen". Das bedeutet, dass sich der Auftreffwinkel der Objektwelle auf der Fotoplatte von Punkt zu Punkt ändert. Es gibt Stellen, an denen die Fronten der Objektwelle steil auftreffen, an anderen Stellen treffen sie flach auf. Zwei unterschiedliche Situationen sind in den Abb. 5 und 6 dargestellt und sollen jetzt erläutert werden.
Abb. 6 Flache Objektwelle ergibt einen großen Abstand der belichteten Stellen

Abbildung 6 

Hier ist eine ähnliche Situation wie in Abb. 5 dargestellt. Aber hier treffen die Wellenlinien der Objektwelle flach auf die Filmebene. Das führt dazu, dass die stark belichteten und unbelichteten Stellen auf dem Film einen großen Abstand voneinander haben.


Zur Vereinfachung der folgenden Betrachtungen wurde außerdem angenommen, dass die Berge und Täler der Referenzwelle parallel zur Fotoplatte verlaufen, oder, was dasselbe bedeutet, dass die Referenzwelle senkrecht auf die Fotoplatte auftrifft. Außerdem wählen wir einen Zeitpunkt aus, an dem gerade ein Berg der Referenzwelle die Fotoplatte (bzw. den Film) erreicht hat.

Jetzt müssen wir einfach die Überlegungen wiederholen, die wir bereits beim Fresnelschen Interferenzversuch angestellt haben: Es gibt Stellen auf der Fotoplatte, an denen Wellenberge von Referenz- und Objektwelle zusammentreffen. Das Fotomaterial wird hier besonders stark belichtet (dunkle Kreise). An anderen Stellen treffen die gestrichelt gezeichneten Täler der Objektwelle auf den gerade an der Platte angekommenen Berg der Referenzwelle. Berg und Tal ebnen sich ein, und die Fotoplatte wird dort nicht belichtet (helle Kreise). Auf den ersten Blick erscheint in beiden Situationen dasselbe zu passieren. Bei genauerem Hinsehen wird jedoch deutlich, dass die Abstände zwischen den belichteten und den unbelichteten Stellen klein sind, wenn die Objektwellenfronten steil auf die Platte auffallen (Abb. 5). Ein flaches Auftreffen erzeugt dagegen große Abstände (Abb. 6). Das bedeutet, dass auf der Fotoplatte die Form der Objektwelle durch den Abstand der belichteten und unbelichteten Stellen "gespeichert" ist. Nach der Entwicklung werden die belichteten Stellen undurchsichtig und die unbelichteten Stellen durchsichtig. (Wir werden am Ende des nächsten Kapitels sehen, dass auch eine Positiventwicklung des Hologramms mög­lich ist.)
Man sollte sich merken, dass für die Speicherung der Objektwellenform das Zusammentreffen von zwei Wellen notwendig ist, denn nur so können die Auslöschungen und Verstärkungen und damit die durchsichtigen und undurchsichtigen Stellen im Film entstehen.

Was bei der Hologrammwiedergabe geschieht

Die Erkenntnis, dass ein Hologramm nach der Entwicklung aus mehr oder weniger dicht nebeneinanderliegenden durchsichtigen und undurchsichtigen Linien besteht, ist erst der halbe Weg zum Verständnis der Dreidimensionalität eines holographischen Bildes. Die zweite Hälfte des Wegs besteht darin, zu verstehen, was mit dem Licht passiert, das bei der Beleuchtung eines fertigen Hologramms von einem im Raum schwebenden, aber nicht greifbaren Gegenstand auszugehen scheint. Anstatt gleich zu überlegen, welche Wirkung ein Muster von feinen Linien auf eine Lichtwelle hat, soll zunächst eine Welle betrachtet werden, die auf eine einzelne feine Öffnung trifft. "Fein" heißt in diesem Zusammenhang, dass die Öffnung nicht viel größer als die Wellenlänge sein darf; bei Lichtwellen ist das 6/10.000 mm (600 nm).
Auch hier hilft die Vorstellung von Wasserwellen weiter. Treffen Wellen immer im gleichen Takt auf eine Mauer mit einer engen Öffnung, so wird das Wasser in dieser Öffnung im Takt der Wellen auf und ab bewegt. Von einer solchen Stelle gehen erfahrungsgemäß Kreiswellen aus (Abb. 7).

Abb. 7 Beugung am Einfachspalt Abbildung 7 

Wellen treffen im gleichmäßigen Takt auf eine feine Öffnung. Dahinter breiten sich die Wellen kreisförmig aus. Stellt man sich Wasserwellen vor, die auf eine Mauer treffen, so führt dies zu einer gleichmäßigen Auf- und Abbewegung des Wassers in der Öffnung. Bewegt man an einer Stelle das Wasser aber z. B. mit einem Stock auf und ab, so gehen von dieser Stelle ebenfalls Kreiswellen aus.

Wenn Kreiswellen von mehreren nebeneinanderliegenden Öffnungen ausgehen, entsteht kein "Wellensalat", sondern die Wellenfronten nebeneinanderliegender Kreiswellensysteme schließen sich zusammen. Dasselbe kann man beobachten, wenn man Wasser an einer eng begrenzten Stelle auf andere Weise zur Auf- und Abbewegung zwingt, z. B. indem man einen Finger in gleichmäßigem Takt in eine ruhige Wasserfläche taucht.
Trifft also Licht auf eine sehr feine Öffnung, so wird nicht etwa ein feiner Lichtstrahl ausgeblendet; das Licht verteilt sich vielmehr hinter der Öffnung in alle Richtungen. Das entspricht nicht der täglichen Erfahrung, da man selten Öffnungen von weniger als 1/1000 mm beobachtet. 

Abb. 8 Beugung am MehrfachsplatWerden mehrere nebeneinanderliegende Öffnungen gleichzeitig mit Licht bestrahlt, so entstehen mehrere Systeme von Kreiswellen. In Abb. 8 ist ein derartiger Fall gezeigt. In dem Gewirr schließen sich Wellenberge und -täler nebeneinander verlaufender Kreisweilen zusammen. Das kann auf mehrere Arten geschehen. Der Zusammenschluss von Wellen mit gleichem Radius ergibt Wellenfronten, die parallel zu den ankommenden Fronten verlaufen. Die Einbuchtungen, die in der Nähe der Öffnungen in den Fronten zu sehen sind, verlieren sich in größerer Entfernung zusehends. Da diese Wellen einfach in dieselbe Richtung verlaufen wie die ankommende Beleuchtungs­welle, sind sie für die Holographie nicht weiter interessant. Es ergeben sich aber noch andere Möglichkeiten: Verbindet man Fronten benachbarter Kreiswellen, die von Öffnung zu Öffnung jeweils um einen Takt früher (oder später) entstanden sind, so erhält man schräg verlaufende Wellenberge und -täler, wie es in den Abbildungen 9 und 10 gezeigt ist. Dabei ist zu sehen, dass die neuen Wellenfronten einen um so flacheren Winkel gegenüber den ursprünglichen Fronten einschließen, je weiter die Öffnungen, an denen die Kreiswellen entstehen, voneinander entfernt sind.

Abb. 9Abbildung 9 

Der Zusammenschluss der Wellenberge und -täler geschieht gleichzeitig auf mehrere Arten. Unter anderem entstehen schräg nach außen verlaufende Fronten. Man kann sich vorstellen, dass die Einbuchtungen um so mehr verschwinden, je weiter die Wellenfronten von den Öffnungen entfernt sind. Enge Öffnungen verursachen Wellenlinien, die steil zur Ebene der Öffnungen ("Filmebene") verlaufen.

Nun kommt der entscheidende Punkt: Wie wir uns im vorigen Kapitel überlegt haben, entstehen bei der Hologrammaufnahme durch flach auftreffende Teile der Gegenstandswellenfront weit voneinander entfernte "Öffnungen" lichtdurchlässige Stellen) im Film; diese erzeugen bei der Hologrammwiedergabe wieder flache Wellenfrontteile (Abb. 10). Steil verlaufende Teile der Gegenstandswelle ergeben dagegen eng liegende"Öffnungen", die bei der Wiedergabe wieder steil verlaufende Wellenfrontteile erzeugen (Abb. 9). Aus all diesen Teilen zusammen entsteht also ein Duplikat der ursprünglichen Gegenstandswelle. Da aber alle visuellen Informationen über einen Gegenstand durch die Gegenstandswelle übertragen werden, zeigt natürlich auch ein genaues Duplikat der Gegenstandswelle den Gegenstand, wie er wirklich ist.

Abb. 10Abbildung10 

Eine ähnliche Situation wie in Abb.9
Da die Öffnungen hier aber weit voneinander entfernt sind, ergeben sich aus dem Zusammenschluss der Kreiswellen schräg verlaufende Wellenfronten, die einen flachen Winkel zur Filmebene bilden.

Ein holographisches Bild stellt daher auch keine Sinnestäuschung dar. Das Auge erhält vom Hologramm dieselbe Information wie vom Gegenstand selbst. Um zwischen einem Gegenstand und seinem holographischen Bild wirklich unterscheiden zu können, benötigt man einen vom Auge unabhängigen Sinn, z. B. den Tastsinn.
Hologramme werden oft mit Fenstern verglichen. Der Unterschied liegt darin, dass Lichtwellen durch Fenster direkt hindurchgehen. In Hologrammen wird die Welle zunächst "gespeichert" und bei richtiger Beleuchtung wieder "freigesetzt". Verhängt man ein Fenster bis auf eine kleine Öffnung, so sieht man die Szene hinter dem Fenster nur noch unter einem beschränkten Blickwinkel. Genauso liefert das Bruchstück eines Hologramms nur noch den Blickwinkel der holographischen Szene, der im entsprechenden Wellenfrontabschnitt enthalten ist.
Durch die Vorstellung einer in einem Fenster gespeicherten Lichtwelle kann man sich auch klarmachen, wie in einem Hologramm Teile des Hintergrunds durch den Vordergrund verdeckt bzw. wieder freigegeben werden.
Die näher am Hologramm befindlichen Objektteile schatten bei der Aufnahme die von den Hintergrundsteilen ausgehenden Gegenstandswellen teilweise ab, so dass gewisse Bereiche des Hologramms von diesen Wellen nicht erreicht werden. In anderen Bereichen, für die der Hintergrund nicht bedeckt ist, wird die Hintergrundswelle jedoch gespeichert, und beim fertigen Hologramm kann dann nur von diesen Bereichen die Kopie der Hintergrundswellen ausgehen. Je nachdem, durch welchen Teil des Hologramms ein Betrachter auf den betreffenden Teil des Hintergrunds schaut, scheint dieser daher für ihn sichtbar oder verdeckt zu sein.

Genaugenommen ist die Situation allerdings komplizierter als bisher dargestellt. Neben der richtigen Kopie der Gegenstandswelle entsteht beim Beleuchten des Hologramms noch eine fehlerhafte Kopie. Diese Kopie verhält sich zur ursprünglichen Gegenstandswelle wie ein Wachsabdruck zum Original, d. h., aus Beulen sind Einbuchtungen geworden und umgekehrt. Den Grund für die falsche Kopie kann man folgendermaßen verstehen:

Wir haben in den Abbildungen 9 und 10 nur den Zusammenschluss von solchen Kreiswellen betrachtet, deren Radien von Öffnung zu Öffnung (nach rechts hin gerechnet) größer werden. Der Zusammenschluss all dieser Wellen ergab dann die ursprüngliche Objektwelle.

Abb 11Abbildung11

 Gleichzeitig mit der Rekonstruktion eines ursprünglichen Wellenfrontabschnitts entsteht auch ein Wellenfrontabschnitt mit entgegengesetzter Neigung, der in eine andere Richtung als der ursprüngliche Wellenfrontabschnitt verläuft.

Abb. 12 Abbildung 12 

Der Zusammenschluss aller "falschen" Wellenfrontabschnitte ergibt eine Wellenfront, die gegenüber der ursprünglichen Wellenfront umgestülpt ist. Die umgestülpte Wellenfront führt zu sogenannten pseudoskopischen Bildern.

Genauso entstehen aber auch Wellenfronten durch den Zusammenschluss von Kreiswellen, die von Öffnung zu Öffnung kleiner werden (Abb. 11). Diese Wellenfronten haben die entgegengesetzte Neigung und verlaufen in eine andere Richtung als die bisher betrachteten. Natürlich kann dann eine der beiden Richtungen nicht mit der der ursprünglichen Gegenstandswelle übereinstimmen.
Der Zusammenschluss aller "falsch" verlaufenden Wellenfrontteile ergibt dann eine "umgestülpte" Welle (Abb. 12). Die daraus entstehenden Bilder nennt man "pseudoskopisch". Sie werden später im Kapitel "Das Bild entsteht vor der Filmebene" noch eine wichtige Rolle spielen. Wird ein Hologramm mit Laserlicht beleuchtet, so sieht man ein klares Bild mit allen Eigenschaften, wie sie bis jetzt beschrieben wurden. Ersetzt man den Laser aber durch eine normale Lichtquelle, so erscheint anstelle des klaren Bildes eine verwaschene Erscheinung in allen Regenbogenfarben, die häufig keinerlei Ähnlichkeit mit dem aufgenommenen Gegenstand hat.
Schuld daran sind die verschiedenen Farben, die im weißen Licht enthalten sind, und die räumliche Ausdehnung der Lichtquelle. Da jede Farbe einer anderen Wellenlänge entspricht und sich für verschiedene Wellenlängen holographische Bilder unterschiedlicher Größe an etwas unterschiedlichen Stellen des Raumes bilden, ergeben alle diese Bilder zusammen das unkenntliche farbige Etwas, von dem hier die Rede ist.
Die Überlegungen in diesem Kapitel gingen davon aus, dass die bei der Hologrammentstehung stark belichteten Stellen nach der Entwicklung lichtundurchlässig werden. Das entspricht einer Negativentwicklung. Man kann sich jetzt die Frage stellen, welche Auswirkung eine Positiventwicklung auf das holographische Bild hätte. Hierbei würden alle belichteten Stellen der Fotoplatte durchsichtig und alle unbelichteten Stellen undurchsichtig.

Unerwarteterweise hat die Art der Entwicklung auf das holographische Bild überhaupt keinen Einfluss. Die Form der Objektwelle ist ja in den Abständen zwischen den durchlässigen und undurchlässigen Stellen gespeichert, und diese Abstände ändern sich bei einer Positiventwicklung nicht. Deswegen würde sich auch an den von den Abbildungen 11 und 12 ausgehenden Überlegungen und den daraus folgenden Resultaten nichts ändern.

Die in diesen einführenden Kapiteln beschriebene Hologrammart muss mit Laserlicht durchstrahlt werden, um eine optimale Wiedergabe des abgebildeten Gegenstands zu erreichen. Da in der Optik der Durchgang von Licht durch eine Substanz als "Transmission" bezeichnet wird, nennt man diese Hologramme auch "Lasertransmissionshologramme". Die meisten der in der Anfangszeit der Holographie hergestellten Hologramme waren von diesem Typ, und auch heute noch spielen Lasertransmissionshologramme in Forschung und Technik eine dominierende Rolle.